Heut lasst mir kündend sagen,
aus längst verschwundener Zeit,
was einst sich zugetragen,
an Freud, Glück und Leid,
Dort wo heut grüne Weiden,
zog einst durch dunklen Tann,
in jenen alten Zeiten,
ein rüstger Jägersmann.
Er folgt des Bächleins Pfade,
das munter plätschern fließt,
hin zu des Felsens Grade,
der ferne freundlich grüßt.
Bald ist er dann erstiegen,
weit schweift der Blick das Tal entlang
bis tief im Grund zu seinen Füßen,
er Ruhe fand auf Mooses Bank.
Um nach des langen Jagen,
zu stillen Hungers Not,
den müden Leib zu laben,
an kargen Bissen Brot.
So freut er sich des Morgens,
der flammend ihn umloht,
nichts ahnend, das verborgen,
so nahe harrt des Tod.
Den sich aus des Felsens klaffenden Grund,
über Mooses weichen Kissen,
eine Schlange sich windet,
mit giftigen Schlund,
zu haschen des Brotes Bissen,
und seines Herzen Kammer.
Ergreift mit kalten Wehn,
befreit von Leid und Jammer,
blieb Lebensuhrwerk stehn.
Sein Kopf sank ihm hernieder,
das Mahl entfiel der Hand,
rasch durch die müden Glieder,
des Lebens Hauch entschwand.
Und als in Waldes Buchen,
der Sonne Strahl verschwand,
man nach viel langen Suchen,
den stillen Schläfer fand.
Sein Antlitz überstrahlet,
des Tages letztes Rot,
sein Leben galt dem Wirken,
der Pflicht bis in den Tod.
Willst du noch einmal schauen,
das Wunder dieser Mär,
zieh hin durch grüne Auen,
zur Kirche Pforte her,
dort kannst du noch erblicken,
Ein wuchtig steinern Mahl,
Dem Jägersmann gewidmet,
am Ziele seiner Bahn.
So ward dem Greisbeschieden,
nach Leben Müh und Pein,
des Todes stiller Frieden,
am Felsen "Lichtenstein".
H. Felgner